In die Sammlung geschaut - Das Xenusion
Ältester Nachweis eines Tieres mit Gliedmaßen:
Das rätselhafte Xenusion
Das Fossil Xenusion
Rekonstruktion Xenusion
Rekonstruktionszeichnung aus:
Hauschke, N. & Kretschmer, S. (2015):
Xenusion auerswaldae Pompeckj, 1927;
Der Geschiebesammler, 48 (1), 3-13
In den geowissenschaftlichen Sammlungen des ZNS befindet sich ein Objekt, das der ehemalige Kustos Günter Krumbiegel 1992 als „das bekannteste, wertvollste und begehrteste sedimentäre Geschiebefossil“ beschrieb. Bei dem rätselhaften Xenusion auerswaldae Pompeckj, 1927, handelt es sich um das geologisch älteste Körperfossil der baltischen Region. Von ihm sind bisher nur zwei Exemplare bekannt. Das Exemplar in unseren Sammlungen zeigt die vordere Körperhälfte und ergänzt damit perfekt den die hintere Körperhälfte umfassenden Erstfund, der im Museum für Naturkunde Berlin aufbewahrt wird. Das Hallesche Exemplar von Xenusion wurde 1978 auf der Ostseeinsel Hiddensee gefunden. Das Fossil, in rot gestreiftem, quarzitischem Sandstein eingebettet, besteht aus einem Negativabdruck. Dieser sogenannte Kalmarsund-Sandstein stammt ursprünglich aus Südostschweden und besitzt wahrscheinlich unterkambrisches Alter (ca. 540 Mio. Jahre).
Xenusion war ein skurril aussehendes, ca. 20 cm langes Tier, welches am Meeresboden lebte. Der wurmförmige Körper besaß zahlreiche paarige, stummelförmige Anhänge (Lobopodien) mit nach hinten gerichteten stachelartigen Fortsätzen. Im oberen Teil des Tieres besaßen die Lobopodien ebenfalls paarige, kegel- bzw. warzenförmige Ausstülpungen mit Stacheln. Zwischen den Ausstülpungen ist fast überall am Körper des Tieres eine Ringelung sichtbar. Seine stammesgeschichtliche Einordnung ist noch nicht abschließend geklärt. Die Gattung ist möglicherweise mit den heutigen (landlebenden!) Stummelfüßern (Onychophora) verwandt und wird zu den Lobopoden (Lobopodia) gezählt, die wiederum zu den Urmündern (Protostomia) gestellt werden. Insbesondere weitere Funde könnten helfen, mehr über die Anatomie und die Verwandtschaft von Xenusion zu erfahren.
Wer weiß, vielleicht winkt jemandem von uns beim nächsten Besuch am Ostseestrand das Finderglück?
Text und Foto: Oliver Wings